Das Literarische Bautagebuch

Prof. Dr. Holle Greil. Foto: Privat

Das Portrait der Bildhauerin Karla Friedel im Gerhart Hauptmann Haus

Erinnerungen von Prof. Dr. Holle Greil

Die Bildhauerin Karla Lucie Friedel (1893–1970) arbeitete und lebte nach dem 2. Weltkrieg bis zu ihrem Tod 1970 im Hauptmann Haus Hiddensee und nutzte die Bereiche des ehemaligen Schlafzimmers von Margarete Hauptmann, das sogenannte Söhnezimmer, die Küche, die sanitären Anlagen sowie die Wohndiele, die ihr Arbeitsatelier war. Gerhart Hauptmanns Schlafraum blieb wie ein Heiligtum inmitten ihres Wohnbereiches all die Jahre unberührt. Erst Ende der 1980er Jahre wurden die Privatbereiche der Hauptmanns im ersten Obergeschoss für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

1931 verewigte die Bildhauerin Gerhart Hauptmann in einer Bronzebüste. Die Bronze erinnert heute im Hauptmann Haus an die Künstlerin und ehemalige Bewohnerin.

Prof. Dr. Holle Greil wuchs auf Hiddensee auf. Ihre Familie stand Karla Friedel nahe. Sie erinnert sich:

„Die Friedels waren Freunde der Hauptmanns. Karla hat mich mit ihrer Präsenz und mit ihrem Temperament – meine Kindheit und mein junges Erwachsenenleben hindurch – so beeindruckt, dass ich ,gefühlt‘ erinnerte, sie sei schon immer dort gewesen. Ein Haus wird letztendlich vom Stil seiner Bewohner geprägt.

Nach der Ernennung zur Gerhart Hauptmann Gedenkstätte 1956 verantwortete Karla auch Verwaltungsangelegenheiten.

Laut Karlas Erzählungen sollte Juli Wolfthorn 1931 ein Portrait von Gerhart Hauptmann malen. Der Dichterfürst hatte nicht gleich Lust und Laune, Modell zu sitzen. Juli Wolfthorn war aber extra für diesen Auftrag zur Insel gereist. Um die Zeit zu nutzen, fragte sie herum, ob nicht jemand aus der illustren Insel-Sommergesellschaft ein Porträt von ihr angefertigt haben wollte. Sanitätsrat Dr. Erich Friedel nahm die Gelegenheit wahr, seine schöne junge Frau großformatig malen zu lassen. Es ist ein wunderschönes Bild geworden! Gerade weil ich es schon als Kind sehr bewundert habe, hat Karla es mir am Ende vererbt. Bedauernswerter Weise habe ich das Portrait als Leihgabe nach Greifswald gegeben und es dann nie zurückerhalten.“

Welche Rolle Karla Friedel auch bei der Gründung der Gedenkstätte spielte, ist nicht klar. In den offiziellen, lückenhaften Dokumenten ist sie eine nie hinterfragte Mieterin. Holle Greil vermutet, dass sie über Johannes R. Becher, der sie oft besuchte, überhaupt in das Haus kam. Johannes R. Becher war der erste Kulturminister der DDR. Ihm wird bei der Gründung der Gedächtnisstätte eine wesentliche Rolle zugeschrieben, sodass Karla Friedel sich eventuell entsprechend verantwortlich für die Gedächtnisstätte fühlte.

Prof. Dr. Holle Greil

ist Humanbiologin. Sie wuchs auf Hiddensee auf. Ihr Vater Hans Schildmacher leitete 1948–1972 die Hiddenseeer Vogelwarte.

Prof. Dr. Holle Greil. Foto: Privat

Julie Wolfthorn

In Andenken an die jüdische Malerin und Grafikerin Julie Wolfthorn (1864–1944), die im Ghetto Theresienstadt verstarb. Die Künstlerin gehörte ab 1930 dem Hiddenseeer Künsterinnenbund an. Sie portraitierte Karla Lucie Friedel 1931. Das Gemälde hing lange Zeit im Hauptmann Haus.

Julie Wolfthorn auf dem Titelblatt der Zeitschrift „Die weite Welt“, Februar 1902. Foto: gemeinfrei

Beitrag: Panatom